"Die Entwicklung in der Europäischen Union hat den Status der hier lebenden Griechen von dem des „Gastarbeiters“ zu dem des europäischen Bürgers verwandelt."
Rede des Vorsitzenden der Griechischen Akademie, Rechtsanawalt Stavros Kostatinidis anlässlich des griechischen Nationalfeiertages am 25. 3 2025 in der Münchner Glypthotek:
Sehr geehrter Herr Staatsminister, lieber Joachim,
Sehr geehrter Herr Verfassungsgerichtshofpräsident,
Sehr geehrter Herr Generalkonsul,
Meine Damen und Herren,
heute wird in Griechenland jener Tag gefeiert, der an den Beginn des Freiheitskampfes gegen das osmanische Reich im Jahr 1821 erinnert, an einem Befreiungskampf, der schließlich nach neun Jahren harten und beharrlichen Ringen zur Geburt des neuen Hellas geführt hat, jenes ersten autonomen griechischen Staates der Neuzeit.
Über dem Freiheitskampf, welcher in ganz Europa einen großen Widerhall fand und das auch der Vater von König Otto, Ludwig der Erste, diesen Freiheitskampf nicht nur ideell, sondern auch finanziell unterstütze, aber auch dass der junge griechische Staat nach der Revolution vom 1821, wesentliche Impulse bei der Entwicklung seiner Verwaltung, der Gesetzgebung, der Kunst und Kultur, Bayern einiges verdankt,wurde schon einiges gesagt und darüber auch viel geschrieben. Heute noch schmücken architektonische Glanzleistungen das Bild von Athen und von München.
In der neugriechischen Geschichte gibt es kaum ein Land, in dem so enge politische und kulturelle Beziehungen gepflegt wurden, wie dies mit Bayern der Fall ist.
Die Bewunderung des damaligen Prinzregenten und späteren Königs Ludwig des Ersten, der griechischen Antike gegenüber, haben nicht zur Errichtung des Königsplatzes in München mit den Propyläen, der Glyptothek und der Antikensammlung, sondern auch letztendlich die Überlassung der St. Salvator Kirche am Odeonsplatz, für den Gottesdienst an die damals in München lebenden Griechen, übrigens ein weiteres Wahrzeichen Münchens, geführt. Das sind lebendige Zeugnisse einer einzigartigen Beziehung, die bis heute nichts an Aktualität verloren hat.
Andererseits gibt es kaum eine andere Stadt in Europa, in der sich die Griechen so heimisch fühlen, wie beim liebevoll genannten Isar Athen.
Über zwei Jahrhunderte haben die Beziehungen zwischen Griechenland und Bayern beide Länder nicht nur begleitet, sondern auch geprägt. Es waren die revolutionären Erkenntnisse der griechischen Antike, die moderne aufklärerische Werte, wie Rationalität, Kritik und demokratisches Bewusstsein geschaffen haben. In Bayern wurde diese Beziehung durch das aufgeklärte Königtum mit Leben erfüllt und erreichte beeindruckend viele Schichten des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens.
„Griechenland, mein Griechenland, mein liebes Griechenland“, das sollen die letzten Worte von Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach gewesen sein, als er 1867 in Bamberger Exil starb. Auch wenn ihm seine Regentschaft wenig Glück und Beliebtheit bei den Griechen beschert hatte, so liebte er das Land, das Meer und die Sprache bis zu seinem Tod. Seine Frau Amalie und er hatten beide fließend griechisch gelernt, und Otto bestand nach seiner Rückkehr nach Bayern darauf nur noch die Fustanella, den typischen weißen Rock mit seinen 400 Falten, zu tragen und darin begraben zu werden. Auch der Hofstaat in der neuen Residenz in Bamberg waren in griechischer Tracht eingekleidet, und jeden Abend trafen sich Otto und Amalie von sechs Uhr abends bis acht Uhr zur Griechisch Konversation.
Diese über zwei Jahrhunderte bestehende Beziehung hat bis heute die Grenzen der Zeit überwunden.
Im 20. Jahrhundert und nach der Regentschaft Otto haben sich die gegenseitigen Einflüsse in vielfältiger Weise fortgesetzt.
München hat sich für viele griechische Künstler, Maler, Musiker sowie Wissenschaftler zu einem bedeutenden Nukleus entwickelt.
Hier haben die bekanntesten griechischen Maler des (neunzehnten) 19en und (zwanzigsten) 20en Jahrhunderts, studiert und gearbeitet, die als „Maler der Münchener Schule“ berühmt geworden sind.
Viele bedeutende griechische Juristen, Absolventen von klassischen Fachrichtungen sowie Naturwissenschaftler, wie zum Beispiel der herausragende Mathematiker Prof. Konstantin Caratheodory, der auch 1925 als ordentliches Mitglied in die mathematische-naturwissenschaftliche Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt wurde, wurden entweder in München ausgebildet oder haben hier ihre Forschungstätigkeit vertieft und weiterentwickelt.
Aber auch umgekehrt ist das deutsche Schulwesen von hellenistischen Einflüssen stark geprägt. Die griechischen Philosophen sind aus dem Ethik- und Sozialkundeunterricht nicht wegzudenken.
Als Humanist, schätze ich es sehr, dass an bayerischen Gymnasien nach wie vor die Sprache der griechischen Klassik gelehrt wird, übrigens so intensiv wie in keinem anderen Bundesland Deutschlands. Zahlreiche Schul- und Hochschulpartnerschaften halten bis heute den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch lebendig.
In Bayerischen Universitäten blühen die Fakultäten für klassizistische Studiengänge.
In München kann man sowohl Byzantinistik an einem Institut, das über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist, als auch Neugriechische Philologie studieren.
Ebenso hervorzuheben ist, dass die Münchner Ludwig-Maximilians – Universität, und hier begrüße ich den neuen Präsidenten der LMU München, Prof. Matthias Tschöps, mit den Ausbildungseinrichtungen für Orthodoxe Theologie, einzigartig in Mittel und Westeuropa, den umfassenden Studiengang in Orthodoxer Theologie anbietet.
Verehrte Festgäste,
Krisen verändern bekanntlich die Welt.
Nach dem zweiten Weltkrieg und verstärkt in Folge ökonomischer Zwänge, haben zahlreiche Griechinnen und Griechen erneut in Bayern eine Heimat gefunden. Die ersten größeren Gruppen griechischer Einwanderer kamen in den 60er Jahren. Sie kamen als „Gastarbeiter“ mit ihren Familien und Ihren Kindern. Und Bayern war wiederum das erste Bundesland, das ein für die griechische Kindern und Jugendlichen geeignetes Bildungsangebot bereitstellte. Sie brachten nicht nur ihre Arbeitskraft mit, sondern auch ihre Kultur, ihre Sprache und ihre Traditionen. Allein in München und Umgebung leben heute über 28.000 Griechinnen und Griechen und ist eine der größten griechischen Gemeinden in Deutschland.
Die Entwicklung in der Europäischen Union hat den Status der hier lebenden Griechen von dem des „Gastarbeiters“ zu dem des europäischen Bürgers verwandelt.
Die griechischen Bürgerinnen und Bürger in Bayern, haben sich generell in Deutschland sehr schnell und erfolgreich integriert, ohne ihre Sprache und kulturelle Identität zu verlieren. Heute sind hier unter uns viele Griechinnen und Griechen anwesend. Professorinnen und Professoren für Recht, Medizin, Architektur. Rechtsanwälte, Apotheker, Physiker, Chemiker, Bauingenieure und Bauunternehmer, Lehrerinnen und Lehrer und viele mehr. Fast alle machen die zweite oder bereits die dritte Generation aus. Bestens integriert, Leistungsträger, und Steuerzahler, Prädikat sehr wertvoll.
Apropos Wirtschaft, Griechenland ist aufgrund seiner geografischen Lage, des Klimas und seines reichen Kulturellen Erbes ein attraktives Investitionsziel.
Wir haben die Sonne und den Wind, beides sind umsonst zu haben. Das Blaue Griechische Meer, moderne und innovative Häfen, Strände, solange das Auge sehen kann. Die berühmte Gastfreundschaft. Eine expansive Bauwirtschaft, Junge Innovative gut ausgebildeten und willige Griechinnen und Griechen, gute Universitäten mit oft mal in Deutschland und in Bayern ausgebildeten Professoren.
Wir haben ein gemeinsames wirtschaftliches Potenzial.
Meine Damen und Herren,
Heute in diesen äußerst schwierigen Zeiten brauchen wir keine kriegerische Auseinandersetzung. Wir sollten auf den Dialog achten, nationale Egoismen bei Seite schaffen, das Völkerrecht nicht neu oder passend definieren, und auf Bildung und auf die Demokratie, Freiheit, Frieden und natürlich Wohlstand setzen.
Beides zusammen: die geschichtliche Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen Bayern und Griechenland und der gemeinsame Aufbau des Europäischen Hauses legen nahe, diesen Dialog zu verstärken und als Instrument für die weitere Festigung unserer bilateralen Beziehungen zu nutzen.
Es lebe die Bayerische-griechische Freundschaft.
Vielen Dank
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